Essen zum falschen Zeitpunkt erhöht das Diabetes-Risiko
Nicht nur was wir essen, ist für unsere Gesundheit wichtig, sondern auch wann wir essen. Mahlzeiten im falschen Moment bringen unsere innere Uhr durcheinander und erhöhen die Wahrscheinlichkeit, an Diabetes zu erkranken.
Wenn es ums Abnehmen geht, haben bisher drei Faktoren gezählt: Kalorien, Zusammensetzung der Nahrung und Bewegung. Nun kommt ein vierter hinzu: Der richtige Zeitpunkt. Wer zur falschen Zeit das Falsche isst, bringt den Rhythmus durcheinander, in dem unser Stoffwechsel am besten funktioniert.
Keine Kohlenhydrate am Abend
Das zeigte jüngst ein Experiment mit 29 Männern auf Diät. Etwa ein Drittel davon hatte zwar noch keinen Diabetes, aber ihr Zuckerstoffwechsel funktionierte nicht mehr wie er sollte.
Verspeisten diese Männer ab dem Nachmittag vorwiegend Kohlenhydrate, trieb dies ihren Blutzuckerwert noch weiter hoch. Nahmen sie die Kohlenhydrate dagegen vor allem in der ersten Tageshälfte zu sich, wirkte sich dies positiv auf den Blutzucker aus.
Insbesondere Menschen mit bereits gestörtem Zuckerstoffwechsel sollten sich nach ihrer inneren Uhr richten und am Abend kohlenhydratreiche Mahlzeiten meiden, rät die Studienautorin Natalia Rudovich, die als Diabetologin am Spital Bülach (ZH) arbeitet.
Biorhythmus ganz zentral
Wie wichtig die innere Uhr für unsere Gesundheit ist, erkennen Mediziner:innen immer klarer. Jedes Organ und praktisch alle Zellen folgen einem Rhythmus, der durch den Wechsel von Tag und Nacht vorgegeben wird. Dirigiert wird dieser Rhythmus von einer zentralen Region im Gehirn. Essen und fasten wir im Wechsel von Tag und Nacht, ticken diese zentrale innere Uhr und die Uhren in den Körperzellen im gleichen Takt.
Eine Reihe von Störfaktoren aber bewirkt, dass die verschiedenen Uhren im Körper unterschiedlich zu ticken beginnen: Wir sitzen abends stundenlang in künstlichem Licht, arbeiten bis tief in die Nacht, starren ständig auf Bildschirme, die Licht derselben Wellenlänge abgeben wie die Sonne, essen beinahe zu jeder Zeit und schlafen zu wenig – all das bringt die inneren Uhren durcheinander.
Fatale Folgen
Die Folgen: Wir haben mehr Appetit, legen Gewicht zu, der Blutzucker steigt und damit auch das Risiko für Diabetes. Das Missachten zirkadianer Rhythmen ist aber noch in weiterer Hinsicht schädlich. Es begünstigt auch Herzinfarkte sowie bestimmte Krebs- oder Nervenerkrankungen.
«Unser Stoffwechsel unterliegt bis zu einem gewissen Grad zirkadianen Rhythmen. Der Zuckerstoffwechsel beispielsweise arbeitet nachts reduziert. Auch die verschiedenen Hormone sind nicht zu jeder Tageszeit gleich aktiv», erklärt Stéphanie Hochstrasser, Leiterin nutrinfo bei der Schweizerischen Gesellschaft für Ernährung. Es sei aber nicht so, dass der Stoffwechsel nachts komplett anders funktionieren würde als am Tag. «Ein Käsebrötchen kann grundsätzlich auch nachts verdaut werden.»
Die amerikanische Herzvereinigung AHA (American Heart Association) rät seit kurzem, das Frühstück nicht auszulassen, weil auch dies den Zuckerstoffwechsel negativ beeinflusse.
Was aber tun, wenn man als «Eule» geboren ist, die morgens noch gar keinen Appetit hat? «Die Ernährungsempfehlungen sind für «Eulen» und «Lerchen» grundsätzlich dieselben», sagt Hochstrasser. Allerdings müsse man diese individuell anpassen. «Während eine Lerche morgens um acht Uhr bereits frühstücken möchte, wartet die Eule vielleicht bis zehn Uhr und gönnt sich dann ein etwas grösseres Znüni. Das ist ok.»