Süssgetränke sollen an zehn Prozent der Diabetes-Fälle schuld sein
Laut einer aktuellen Studie in der Fachzeitschrift «Nature Medicine» ist weltweit jede zehnte Diabetes-Erkrankung auf den Konsum von Süssgetränken zurückzuführen. Zudem steht eine von 30 Herz-Kreislauf-Erkrankungen in direktem Zusammenhang mit zuckerhaltigen Getränken. Das internationale Forschungsteam, hinter der Studie fordert politischer Massnahmen, um die gesundheitlichen Risiken zu reduzieren.

Für ihre Untersuchung nutzten die Forschenden Informationen aus der «Global Dietary Database» sowie weitere Erhebungen und Studien aus insgesamt 184 Ländern. Mithilfe eines speziellen Modells, das Faktoren wie den durchschnittlichen Konsum und die Gesundheitsrisiken berücksichtigt, errechneten sie, dass im Jahr 2020 weltweit 2,2 Millionen neue Fälle von Typ-2-Diabetes und 1,2 Millionen neue Herz-Kreislauf-Erkrankungen auf den Konsum von Süssgetränken zurückzuführen waren. Dies entspricht 9,8 Prozent aller neuen Typ-2-Diabetes-Fälle und 3,1 Prozent aller Herz-Kreislauf-Erkrankungen.
Schweiz über dem Durchschnitt
In der Schweiz war der Konsum von Softdrinks, Limonaden und Energydrinks für 3750 neue Fälle von Typ-2-Diabetes verantwortlich – ein Anteil von 10,5 Prozent. Bei den Herz-Kreislauf-Erkrankungen ergab die Analyse einen Anteil von 3,1 Prozent aller Neuerkrankungen, was dem weltweiten Durchschnitt entspricht. Die Werte in der Schweiz liegen damit auf einem ähnlichen Niveau wie in anderen europäischen Ländern wie Deutschland, Österreich, Spanien und Schweden.
Besonders hohe Raten in Lateinamerika und Subsahara-Afrika
In Lateinamerika, der Karibik und Subsahara-Afrika sind die Zahlen jedoch deutlich höher. In Lateinamerika etwa lassen sich laut der Studie 24,4 Prozent aller Diabetes-Fälle auf den Konsum von zuckerhaltigen Getränken zurückführen, in Subsahara-Afrika sind es 21,5 Prozent.
Besonders alarmierend sind die Zahlen für Kolumbien: Dort waren im Jahr 2020 fast die Hälfte (48,1 Prozent) aller Diabetes-Fälle mit dem Konsum von Süssgetränken verbunden. Auch beim Pro-Kopf-Verbrauch stehen diese Länder an der Spitze.
Einfluss kommerzieller Interessen und Wassermangel
Die Forschenden sehen als wesentliche Treiber des hohen Konsums die wirtschaftlichen Interessen multinationaler und lokaler Süssgetränkehersteller. Diese Unternehmen setzen gezieltes Marketing ein, um den Verkauf ihrer Produkte zu fördern, und blockieren gleichzeitig politische Massnahmen zur Reduzierung des Konsums. Ein weiteres Problem ist der begrenzte Zugang zu sauberem Trinkwasser in Ländern wie Mexiko und Kolumbien. In diesen Regionen werden Süssgetränke häufig als Ersatz für Wasser konsumiert, was die gesundheitlichen Folgen zusätzlich verstärkt.
Ernährung im Wandel
Zwischen 1990 und 2020 ist der Anteil der Diabetes-Fälle, die auf Süssgetränke zurückzuführen sind, weltweit um 1,3 Prozentpunkte gestiegen. Auch in der Schweiz wurde eine Zunahme um 0,6 Prozentpunkte verzeichnet. Während die Häufigkeit von durch Süssgetränke verursachten Herz-Kreislauf-Erkrankungen global stabil blieb, ging sie in der Schweiz um 0,1 Prozentpunkte zurück. Je nach Region zeigen sich jedoch deutliche Unterschiede. Besonders stark war die Zunahme in Subsahara-Afrika, wo der Anteil der Diabetes-Fälle, die auf Süssgetränke zurückzuführen sind, um 8,8 Prozentpunkte stieg. Bei den Herz-Kreislauf-Erkrankungen betrug der Anstieg 4,4 Prozentpunkte.
Die Forschenden führen diese Entwicklung auf einen Wandel der Ernährungsgewohnheiten zurück: In vielen Regionen weicht die traditionelle, oft gesündere Kost zunehmend einer stärker westlich geprägten Ernährung mit hohem Anteil an verarbeiteten Lebensmitteln, Zucker und Fetten.
Forderung nach politischen Massnahmen
Um die negativen Folgen des hohen Süssgetränkekonsums einzudämmen, empfehlen die Forschenden eine Reihe von politischen Massnahmen. Dazu gehören Steuern auf Süssgetränke, eine klare Kennzeichnungspflicht, Einschränkungen in der Vermarktung sowie eine verbesserte Trinkwasserversorgung.
An der internationalen Studie waren mehr als 200 Institutionen beteiligt, darunter auch die Universitätsspitäler Genf und Lausanne. Die Studienautoren betonen, dass ihre Schätzungen auf den besten verfügbaren Daten und fundierten Annahmen basieren – jedoch keinen zwingenden Kausalitätsnachweis darstellen.